Stadt und Kirchspiel Wolbeck
Die Chronik

Wolbecker Chronik für das Jahr 1903


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Di 27.01.1903: Anlässlich des Kaisergeburtstags veranstaltet der Kriegerverein einen Fackelzug durch die Straßen von Wolbeck, begleitet von einer Musikkapelle, flankiert von Böllerschüssen und bengalischem Feuer. Abschließend kehrt man im Gasthof Thier ein.
Mo 02.02.1903: Die Jünglings-Sodalität feiert ihr 50jähriges Bestehen. Zuvor hatte ein Kapuzinerpater an drei aufeinander folgenden Tagen Exerzitienvorträge gehalten.
Im Rahmen der Feierlichkeiten wird die neue Sodalitätsfahne geweiht. Sie zeigt auf der Vorderseite das göttliche Herz Jesu auf grünem Samt mit der Überschrift "Heiligstes Herz Jesu, erbarme dich unser". Die Rückseite aus grüner Seide trägt den Namenszug der Muttergottes, der von einer Krone überragt wird, und die Worte "Marianische Jünglings-Sodalität Wolbeck, 1853 - 1903".
Am Abend findet eine weltliche Feier statt, auf der das Gründungsmitglied Heinrich Geistkemper besonders geehrt wird.
Mo 09.02.1903: Im Distrikt 74 des Wolbecker Tiergartens stehen 200 Eichen, 250 Buchen und 2 Birken zum Verkauf. Die Eichen weisen jeweils einen Stammdurchmesser von weit über einem Meter auf.
Mo 23.02.1903: Der Provinzialrat genehmigt den Antrag der Stadt Wolbeck, den Kram- und Viehmarkt, der bisher am ersten Dienstag nach dem 13. Juli stattfand, um einen Tag vorzuverlegen.
Mi 11.03.1903: Am Gymnasium Laurentianum in Warendorf besteht Franz Lackmann aus Wolbeck sein Abitur. Er wird Medizin studieren.
Mi 25.03.1903: An der Generalversammlung des Ziegenzuchtvereins für Wolbeck, Alverskirchen und Angelmodde um 17 Uhr im Gasthof Josef Lasthaus nehmen 85 Mitglieder teil. Der Vorsitzende des Vereins, Amtmann Middeler, verliest den Rechenschaftsbericht und legt danach wegen dienstlicher Überlastung den Vorsitz nieder. Die Versammlung wählt die Herren Forsthove, Leiendecker, Jansen, Mentrup, Runtenberg und Burgas in den Vorstand. Der Verein umfasst momentan 124 Mitglieder. Im Vorjahr wurden 286 Ziegen gedeckt.
Anschließend berichtet der Vorsitzende des Kreisvereins über Ziegenversicherung und Körordnung.
Di 31.03.1903: Heute verkehrt zum letzten Mal die Postkutsche als Kaiserliche Post zwischen Münster und Wolbeck. Da die Bahnverbindung noch nicht eröffnet ist, überträgt man B. Meyer aus Alverskirchen vorübergehend die Bedienung der gesamten Strecke Münster-Everswinkel. Der Fahrpreis für die Strecke bis nach Wolbeck wird von 70 auf 50 Pfennig gesenkt.
Di 14.04.1903: Die katholische Kirche weist in einer Presseerklärung darauf hin, dass das Verbot von Osterfeuern auf Grund des Erlasses vom 6. Februar 1722 von Clemens August, Bischof von Münster und Paderborn, weiterhin Gültigkeit besitzt.
Fr 17.04.1903: Im Schweinebestand des Tagelöhners Anton Schlattmann ist der Rotlauf ausgebrochen. Die Sperre wird am 28. April wieder aufgehoben.
Do 23.04.1903: Unter dem Vorsitz des Amtmanns Middeler kommen die Interessenten einer Piepenbach-Regulierung zusammen. Von den 48 geladenen Personen sind 37 erschienen. Der Landmesser Overkamp erläuter das von ihm entworfene Projekt, welches ein Gebiet von 241 Hektar umfasst. Anschließend beshchließt man die Gründung einer Wassergenossenschaft und richtet an die Regierung das Gesuch auf Bestellung eines Kommissars sowie um Beihilfe für die auf rund 14.000 Mark belaufenden Kosten. Insgesamt 29 Anrainer unterstützen das Projekt aktiv.
So 26.04.1903: Die Ortskrankenkasse Wolbeck hält beim Gastwirt Fels in Albersloh ihre Generalversammlung ab.
Mo 27.04.1903: Im Rahmen einer Zwangsversteigerung wird das Wohnhaus Nr. 128 in der Stadt Wolbeck des Schusters Peter Stutter veräußert.
Di 28.04.1902: Die Mannschaften der Jahrgänge 1890-1902 aller Waffen und Ersatzreservisten der Gemeinden Wigbold Wolbeck, Kirchspiel Wolbeck, Alverskirchen und Angelmodde treten um 09:00 Uhr in Wolbeck im Gasthof Thier zur Kontrollversammlung an. Der Herbstappell findet am 5. November um 10:45 Uhr statt.
Do 04.06.1903: Im Rahmen einer Zwangsvollstreckung wird das Wohnhaus Nr. 222 in der Stadt Wolbeck des Schuhmachers Bernhard Beumker veräußert.
Sa 13.06.1903: Die Versammlung des Amtes Wolbeck beschließt, das 25jährige Dienstjubiläum des Schulzen Heinrich Wettendorf zu feiern.
Di 16.06.1903: Die Reichstagswahl ergibt für Wolbeck das folgende Ergebnis: Zentrum 93,9 %, Sozialisten 3,2 %, Nationale 1,4 %, Sonstige 1,4 %. Die Wahlbeteiligung beträgt 83,2 %.
Do 18.06.1903: Im Kirchspiel Wolbeck wird das Haus Nr. 45 des Clemens Beuckmann zwangsversteigert.
Sa 27.06.1903: Die Westfälische Landeseisenbahn nimmt die neue Bahnlinie von Münster nach Neubeckum in Betrieb. Kurz nach 16 Uhr passiert der erste Güterzug begleitet von lauten Böllerschüssen den Bahnhof Wolbeck. Erst vor wenigen Tagen waren die letzten Schienen im Bahnhofsbereich gelegt worden. Eine große Menschenmenge bejubelt den Zug, der probeweise rangiert. Am Abend findet für die Bahnarbeiter eine kleine Feier in der Gastwirtschaft Mentrup statt.
Do 02.07.1903: Das Haus Nr. 101 in der Stadt Wolbeck im Besitz der vier Geschwister Gerdes wird zwangsversteigert.
Do 02.07.1903: Die Tierschau des Landwirtschaftlichen Lokalvereins findet beim Wirt August Dartmann in Rinkerode statt.
Di 07.07.1903: Im Hotel der Witwe Thier wird das 25jährige Dienstjubiläum des Schulzen Heinrich Wettendorf gefeiert. Aus der Hand von Amtmann Middeler erhält er ein Barometer sowie ein persönliches Geschenk. Angesichts des schlechten Wetters fällt das vorgesehene Gartenfest aus.
Auf dem gemeinsamen Festmahl ab 19 Uhr sprechen Freiherr von Kerckerinck-Borg, Pfarrer Depenbrock aus Alverskirchen, Gemeindevorsteher Möllenbeck aus Wolbeck, Kreissekretär Rosenberg, Vikar Tellegei und Rittergutspächter Schenking. Das Fest geht erst in den frühen Morgenstunden zu ende.
So 19.07.1903: Das diesjährige Margarethenfest ist stark besucht.
Mo 20.07.1903: In Wolbeck wird der Viehmarkt abgehalten. Nach langer Zeit findet er wieder an einem Montag statt, weshalb der Handel recht lebhaft ist. Der Provinzialausschuss beschließt daher, diesen Wochentag in Zukunft beizubehalten.
Mo 20.07.1903: Am Nachmittag feiert der Wolbecker Kriegerverein beim Kameraden Josef Lasthaus sein Kriegerfest. Um 14 Uhr versammelt man sich an der Kirche zur Abholung der Vereinsfahne und zieht mit klingendem Spiel zum Tiergarten, wo die Wolbecker Kapelle unter der Leitung von Herrn Schmedding ein Konzert gibt. Um 17 Uhr findet am Kurhaus die Parade statt, die vom Vorsitzenden des Kriegervereins, Oberleutnant a.D. Schürmann, abgenommen wird. Der nachfolgende Festball beginnt mit einer langen Polonaise durch die Stadt Wolbeck.
So 09.08.1903: Am Bahnhof steht die neu erbaute Bahnhofswirtschaft zum Verkauf. Es handelt sich um ein zweistöckiges Wohnhaus samt Lagerhaus und Gartenanlagen.
Di 01.09.1903: Der Vikar Mathias Tellegey in Wolbeck wird zum Kaplan an der Pfarrkirche in Bislich ernannt. Der Vikar Bernard Suresch in Heek wird zum Vikar an der Pfarrkirche in Wolbeck berufen.
Fr 18.09.1903: An zwei Tagen findet die Abnahme der neuen Bahnstrecke durch Regierungsrat Ihnen, Baurat Jaspers und Baurat Lueder von der Eisenbahnverwaltung statt. Die Westfälische Landeseisenbahn WLE ist durch die Direktoren Schönfeld und Sternberg vertreten. Es hatten sich derart viele Interessenten zur Vorbringung ihrer Anliegen an der Strecke eingefunden, dass der Zug alle paar Minuten anhalten musste. So konnte am ersten Tag lediglich die Strecke von Neubeckum bis Albersloh erledigt werden.
Den Anträge und Beschwerden, die sich hauptsächlich auf die Verbesserung oder Veränderung der neuen Wege- und Entwässerungsanlagen abzielten, konnte jeweils ohne große Schwierigkeiten entsprochen werden. Die Bahnanlage selbst wurde in sehr gutem Zustande befunden, weshalb die Eröffnung wie geplant Anfang Oktober erfolgen soll.
Mo 21.09.1903: Nachdem die Lehrerin Klas nach Osterfeld versetzt worden ist, wird die Lehrerin Franziska Dierkes aus Epe ihren Dienst am 15. Oktober an der Volksschule Wolbeck antreten.
Do 01.10.1903: Mit der heutigen Inbetriebnahme der Bahnverbindung Münster-Neubeckum werden unter anderem die folgenden Verbindungen aufgehoben: Privatpersonenfuhrwerk Münster-Wolbeck, Landpostfahrt Münster-Wolbeck-Albersloh, Landpostfahrt Wolbeck-Alverskirchen-Everswinkel sowie die Botenpost Wolbeck-Albersloh. Neu eingerichtet wird das Privatpersonenfuhrwerk Wolbeck-Alverskirchen-Everswinkel-Raestrup, das einmal täglich verkehrt und für die Strecke knapp zwei Stunden benötigt. (Anmerkung: Der Ersatzverkehr Wolbeck-Everswinkel hat auch im Jahre 2022 noch Bestand und verkehrt als Busline R22. In den Kursbüchern ist dies am Stern(=Schienenersatzverkehr) neben der Kursnummer erkennbar. Er verkehrt für die am Ende doch nicht mehr gebaute Bahnverbindung Münster-Wolbeck-Alverskirchen-Everswinkel-Freckenhorst)
So 04.10.1903: Auf der Strecke Münster-Neubeckum der Westfälischen Landeseisenbahn wird der Personenverkehr aufgenommen. Die Fahrkarten von Münster nach Wolbeck kosten in der zweiten Klasse 0,50 Mark und in der dritten Klasse 0,35 Mark. Die Rückfahrkarten kosten 0,80 resp. 0,50 Mark. Sonntagskarten zwischen Münster und Angelmodde bzw. Wolbeck werden zum Preis einer einfachen Fahrt ausgegeben.
Die Strecke umfasst die folgenden Bahnhöfe: Münster, Angelmodde, Wolbeck, Albersloh, Alst, Sendenhorst, Tönnishäuschen, Enniger, Neubeckum. Die Fahrzeit von Münster nach Wolbeck beträgt fünfzehn Minuten.
Die Abfahrtszeiten an Werktagen für den Bahnhof Wolbeck lauten: 06:55 nach Neubeckum, 07:46 nach Münster, 10:35 nach Neubeckum, 12:24 nach Münster, 13:27 nach Neubeckum, 15:14 nach Münster, 15:55 nach Neubeckum, 17:52 nach Münster, 19:27 nach Neubeckum, 21:16 nach Münster. (Anmerkung: Der damalige Fahrplan der Strecke Münster-Neubeckum liegt vollständig vor)
Über den Eröffnungstag schreibt der Münsterische Anzeiger: "Der letzte Sonntag hatte eine große Schar Ausflügler zum Bahnhof der Westf. Landeseisenbahn gelockt, die mit der neuen Bahn eine Tour nach Angelmodde und Wolbeck machen wollten. Die Nachmittagszüge waren bis auf den letzten Platz besetzt. Naturgemäß entstanden dadurch nicht geringe Verspätungen. Der schöne Ausflugsort Angelmodde war bei dem miserablen Wetter nicht wiederzuerkennen, der Schmutz ging stellenweise bis über die Fußknöchel. Es wäre sehr an der Zeit, wenn man dort für einen geebneten trockenen Weg vom Bahnhof zum Dorf sorgen wollte, will man die Gäste von Auswärts nicht von vornherein abschrecken. Der um 6,47 Uhr als Sonntagszug von Angelmodde nach Münster fällige Zug erschien überhaupt nicht auf der Bildfläche. Das zahlreiche Publikum mußte bis zum nächsten Zuge 7,39 warten, welcher denn auch mit erheblicher Verspätung glücklich, mit brausendem Hoch begrüßt, anlangte. Auch fiel es auf, daß die Lampen in den meisten Waggons nicht angezündet waren. Das Publikum nahm die Unbequemlichkeiten von der humoristischen Seite auf in der Hoffnung, daß die neue Bahn die 'Kinderkrankheiten' bald überwunden haben werde."
So 25.10.1903: Heute eröffnet Theodor Beykirch den Gasthof am Bahnhof der WLE.
Mo 26.10.1903: Der erste Personenwagen des Zuges um 06:38 UHr ab Münster springt zwischen Wolbeck und Albersloh aus den Schienen und läuft einige Zeit neben den Gleisen her, bevor das Personal das Problem bemerkt. Es entsteht nur geringer Schaden.
So 01.11.1903: Die WLE reagiert auf die starke Nachfrage und setzt an Sonntagnachmittagen auf dem Abschnitt Münster-Wolbeck sechs zusätzliche Fahrten zum halben Preis an.
So 15.11.1903: Der Landwirtschaftliche Lokalverein hält zusammen mit dem Kreisverein beim Gastwirt Fels in Albersloh eine Versammlung ab. Es sprechen Dr. Erig über "Buchführung in der Landwirtschaft" und Lehrer Heyer über "Ernährung und Düngung der Pflanzen".
So 29.11.1903: Die Generalversammlung der Ortskrankenkasse findet beim Gastwirt Elberfeld in Albersloh statt.
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