Stadt und Kirchspiel Wolbeck
Die Chronik

Wolbecker Chronik für das Jahr 1914


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Do 09.02.1914: Auf dem für die Kaiserparade vorgesehenen Terrain werden von den Deutzer Pionieren in der Nacht größere Sprengungen vorgenommen. Am folgenden Mittag erscheint das 3. Bataillon des Infanterie-Regiment 13 und hält dort eine Übung ab.
Das durch die Freilegung des Paradeplatzes in Eilerts Büschen geschlagene Holz wird am 26.02.1914 verkauft.
Sa 28.02.1914: Bei Brüggemann ist ein großer Bernhardiner zugelaufen.
So 08.03.1914: In der Wirtschaft Elberfeld in Albersloh hält der Landwirtschaftliche Lokalverein eine Wanderversammlung ab. Tierarzt Reusch spricht über Pferdezucht und Direktor Tillmann über die Frühjahrsbestellung.
Mo 09.03.1914: Am Morgen vernimmt Förster Geißmann Schüsse aus dem Jagdgebiet des Gutsbesitzes Bischof und stellt als vermeintliche Wilderer zwei Knechte, die in der Nähe der Stelle arbeiten. Die beiden Personen bestreiten die Vorwürfe und können mangels Beweise auch nicht überführt werden. Am Nachmittag erscheint Gendarmeriewachtmeister Ratz mit seinem Polizeihund, der Witterung aufnimmt und die Personen zu einem Laubhügel führt, unter dem man ein Gewehr und unter einem Bündel Reisig ein erlegtes Kaninchen findet, worauf die beiden Knechte ein Geständnis ablegen. Gewehr und Kaninchen werden beschlagnahmt.
Mo 30.03.1914: Auf dem Kolonat Overmann wird das gesamte tote und lebende Inventar verkauft, darunter zwei Ackerpferde, ein Fohlen, sieben Kühe, ein Rind, zwei Stiere, ein Eber, zwei Sauen und sieben Ferkel.
Mi 01.04.1914: Ab heute ist die Kaffeewirtschaft im Forsthaus Tiergarten geschlossen.
Fr 17.04.1914: Aus dem Distrikt 78 des Wolbecker Tiergartens werden neun Eichen und vier Hainbuchen verkauft.
So 26.04.1914: Unter großer Beteiligung und in Anwesenheit von Amtmann Middeler und Pfarrer Alfers findet im Gasthof Lasthaus eine Versammlung des Volksvereins für das katholische Deutschland unter der Leitung von Sanitätsrat Dr. Lackmann statt. Als Redner spricht Generalsekretär Brand über das Bild der Zentrumspartei und die Notwendigkeit einer politischen Organisation auch auf dem Lande.
Di 05.05.1914: In der Gastwirtschaft Thier wird das folgende Holz aus dem Wolbecker Tiergarten verkauft: 17 Eichen, 6 Buchen, 20 Ahorn und Eschen, 1 Birke und diverse Fichtenstangen.
Do 07.05.1914: In der Wirtschaft Lohmann zu Rinkerode hält der Landwirtschaftliche Lokalverein seine Generalversammlung ab.
Mi 13.05.1914: Der Wiesenwurm (Schnake) macht sich auch in diesem Jahr wieder im Münsterland breit und zerstört die Hoffnungen der Landwirte, die sich angesichts der günstigen Witterung von dem üppigen Graswuchs einiges versprochen hatten. Stellenweise ist man dazu übergegangen, den Staren in den angrenzenden Hecken Nistkästen zu bauen, damit sie die Insekten vertilgen. Gute Erfahrung hat man zudem mit dem Einsatz von Enten gemacht.
Fr 29.05.1914: Für die Kaiserparade am 5. September ist auf der Laerheide das 800 Morgen große Paradefeld fertiggestellt worden. Es liegt unmittelbar nördlich des Abzweigs nach Everswinkel. Im nächsten Schritt soll die große Zuschauertribüne für knapp 8000 Zuschauer von der Firma "Peter Büscher und Sohn" errichtet werden.
Das Paradefeld ist dennoch so klein geraten, dass die Kriegervereine lediglich zu beiden Seiten der Landstraßen aufgestellt werden können und lediglich einen Fahnenträger entsenden. Nur dem Kriegerverein Wolbeck ist die Aufstellung sämtlicher 158 Mitglieder zugesagt worden.
Fr 12.06.1914: Angesichts der im Münsterland grassierenden Maul- und Klauenseuche beschränkt der Landwirtschaftliche Lokalverein Wolbeck die kommende Tierschau auf Pferde.
Sa 13.06.1914: In der Gastwirtschaft der Witwe Thier findet die konstituierende Sitzung der Laerheide-Genossenschaft zur Entwässerung in den Gemeinden Kirchspiel Wolbeck und Sankt Mauritz statt. Unter Vorsitz des Landrats Graf von Westfalen werden einstimmig gewählt: Zum Genossenschaftsvorsteher der Amtmann Middeler aus Wolbeck und zu seinem Stellvertreter der Gutsbesitzer Möllenbeck aus dem Kirchspiel Wolbeck.
Mi 17.06.1914: Auf der Ausstellung in Minden erhält der Gutsbesitzer Ewald Bischoff für seine Geweihsammlung die Goldmedaille.
Fr 19.06.1914: An der philosophischen Fakultät der Uni Münster erwirbt Heinrich Roer aus Wolbeck den Doktorgrad mit seiner Dissertation: "De nominibus Heroum propriis, quae in Iliade inveniuntur ab ethnicis derivatis".
So 21.06.1914: Die Angewohnheit der Kinder, sich auf die Deichsel zweier aneinander gekoppelter Wagen zu setzen, führt in der Stadt zu einem Unfall. Der Sohn des Arbeiters Sch. fällt von der Deichsel eines schwerbeladenen Heuwagens und gerät mit dem linken Fuß unter die Räder. Sein Holzschuh vermindert den Druck des Wagens und damit eine schwerere Verletzung. In der nahe gelegenen Apotheke wird dem Jungen wegen einer Fußquetschung ein Notverband angelegt.
Mi 01.07.1914: Der Landwirtschaftliche Lokalverein Wolbeck hält bei bestem Sommerwetter sein Tierschaufest in Alverskirchen auf der Weide der Witwe Grause ab. Es spielt die Schmeddingsche Kapelle aus Wolbeck.
Es werden rund sechzig Pferde vorgeführt mit dem folgenden Ergebnis aus Wolbecker Sicht:
Stuten mit Fohlen, Warmblut: 1. Clemens Bröcker, 2. Möllenbeck, 3. Ewald Bischoff-Frohnhoff, 5. Th. Laumann
Stuten mit Fohlen, Kaltblut: 1. Ewald Bischoff-Frohnhoff
Dreijährige Fohlen: 1. Ewald Bischoff-Frohnhoff
Zweijährige Fohlen: 1. Ewald Bischoff-Frohnhoff
Einjährige Fohlen: 2. Ewald Bischoff-Frohnhoff
Mi 15.07.1914: Auf den Weiden von Schulze-Frenking in Appelhülsen findet die Tierschau des Landwirtschaftlichen Kreisvereins Münster statt. Auf Grund der grassierenden Maul- und Klauenseuche konzentriert sich die Ausstellung auf den Pferdebestand mit dem folgenden Ergebnissen aus Wolbecker Sicht:
Stuten mit Fohlen: 1. Möllenbeck (50 Mark), 2. Bischoff-Frohnhoff (40 Mark), 4. Böcker (21 Mark)
Gedeckte Stuten: 1. Bischoff-Fronhoff (22 Mark)
Dreijährige Stutfohlen: 1. Bischoff-Fronhoff (18 Mark)
Hengste über drei Jahre: 1. Bischoff-Fronhoff (18 Mark)
Do 16.07.1914: Die große Hitze der letzten Tage mit Temperaturen zwischen 38 und 42 Grad geht um 15 Uhr mit einem schweren Gewitter zu Ende.
So 19.07.1914: In Wolbeck wird heute und morgen das Margarethenfest gefeiert. Wegen des erwartet starken Andrangs wird ein Sonderzug eingesetzt, der um 23:30 Uhr in Wolbeck abfährt und um 23:47 Uhr in Münster ankommt.
Mo 20.07.1914: In der Vorwoche hat die Roggenernte begonnen. Bedingt durch extrem heißes Sommerwetter hatte innerhalb weniger Tage die Reife eingesetzt.
Mo 20.07.1914: Der Viehmarkt in Wolbeck wird wegen der Maul- und Klauenseuche abgesagt.
Di 28.07.1914: Mit der Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien beginnt der Erste Weltkrieg.
So 02.08.1914: Der "Münsterische Anzeiger" veröffentlicht den Artikel "Durchs kriegsbereite Münsterland!" und schreibt: "Ein ernster Sonntag - dieser erste des Erntemonats 1914 - und eine ernste Fahrt! Die ganze schöne Gotteswelt schimmert im Gold der reifenden Felder. Schon ist der Roggen abgemäht und steht wie stolze Kriegskolonnen breit in Schwaden. Der Weizen beugt sich unter dem Vollgewicht der überschweren Ähren. All die andern Erdgewächse unserer reichgesegneten münsterländischen Fluren wetteifern mit den Halmen - es ist eine Ernte reich und herzerfreuend, als wolle die Natur den wackeren Hütern unserer heimatlichen Scholle die Fahrt in Feindesland recht froh und zuversichtlich, wolle ihnen den Abschied leichter machen für das große, heilige Werk des Vaterlandes.
Noch drängen sich in den Eisenbahnen die Taschen und Koffer der letzten Nachzügler aus den Sommerfrischen. Aber in der Nähe der Kreisstädte mehren sich die frischen, hellen Gesichter der Einberufenen von Haltestelle zu Haltestelle. Am lebhaftesten ist das Treiben an den Durchgangspunkten der großen Verkehrsstrecken. Von allen Seiten strömen die jungen und die älteren Krieger zusammen. Frohes Begrüßen - frohes Abschiednehmen, und in alle Winde stiebt die ungeheure Menge ihrer ungewissen, dunklen Zukunft hochgemut entgegen. Es ist eine Freude, zu sehen, wie ruhig und gefaßt, wie ohne allen übermütig aufgebauschten Überschwang unsere Soldaten in den Krieg ziehen; ganz im Gegensatz zu den Reservisten unserer belgischen Nachbarn, von denen heimkehrende Badereisende zu erzählen wissen. daß diese ihrer gedrückten Stimmung, ihrer Furcht und Ungewißheit ob der drohenden Kriegsgefahr und Teurung in greller Lustigkeit Luft machen.
Wie die Krieger, sind auch deren Angehörigen auf den Bahnhöfen ruhig und gefaßt. Da stehen sie mit ihren Paketchen Liebesgaben und warten wehmütig, bis ein Zug von daher und dorther den Sohn und Bruder auf der Durchfahrt für eine kurze Frist zurückbringt. Aber wenn der Junge dann vor ihnen steht, mit blitzenden Augen, den Hut keck aus der Stirn gerückt, dann geht auch den Alten das Herz wieder froh und hoch. Ein altes Mütterchen aber ruft dem Benjamin zum Abschied noch in den abfahrenden Zug hinein mit heller Stimme nach: "So, Bännatz, un nu segg't ähr män es üörndlickan den Bast!"
Zu Dutzenden spielten diese und ähnlich Szenen sich ab, wo immer man auf einer Haltestelle sich umsah. Herzerhebend aber war die Rückfahrt von Wolbeck nach Münster am Nachmittag: Alle Züge dicht besetzt mit ehemaligen Dreizehnern und münsterischen Kanonieren. Vor den Bahnsteigsperren Kopf an Kopf die Abschiednehmenden. Der Zug setzt an. Irgendeine Stimme aus dem Abteil beginnt zu singen. Auf dem Bahnsteig lautes Hurrahrufen und Tücherschwingen. Dann fällt auch die zurückbleibende Menge wie ein feierlicher Chor mit ein. Weiter und weiter geht das Lied zurück, bis endlich das Rattern der Räder das tröstliche "Lieb Vaterland, magst ruhig sein" Ton und Ton überlärmt. Und auf der nächsten Station wieder ein anderes Bild: ein junge Frau in Trauer gibt dem von der Erntearbeit braungebrannten Gatten das Geleit. Mitten in dem hellen Gedränge der Sonntagsblusen sticht ihr schwarzes Leidgewand doppelt ab. Haben die beiden das erste Unterpfand ihrer Liebe vor Tagen oder Wochen erst empfangen und schon so bald dem Himmel zurückgeben müssen? Wer mag es wissen oder sagen! Und wenn jetzt der grimme Würger Tod wirklich über das Schlachtfeld schreitet und vielleicht auch über dem Haupte deines Mannes seine scharfe Sichelsense schwingt, dann tröste Gotte dich, arme, junge Frau!
Doch schon wieder hält der Zug. Wir sind der Heimatgarnison schon auf Stundenweite nahe. Hier weiß man den Kriegssöhnen den Abschied besonders festlich und leicht zu machen. Das ganze Dorf ist mit ihnen hinausgezogen zum Bahnhof. Ziehharmonika und dicke Trommel sind auch dabei, und zuversichtlich wiegt die liebe alte Volksweise durch den friedlichen, leuchtenden Sonntagnachmittag: "Muß i denn, muß i denn zum Städtel hinaus.." Dann ein Tusch, ein lautes Hurrah, in das auch die Bahnbeamten und alle Insassen des Zuges miteinstimmen... da ist die schöne alte Westfalenstadt erreicht, wo schon die Feldgrauen des heißersehnten Zuwachses warten!"
Mo 03.08.1914: Zu Beförderung der Einberufenen setzt die WLE einen Sonderzug ein, der um 10:06 Uhr aus Wolbeck in Richtung Münster abfährt.
Di 11.08.1914: Bei Kinnebrock kommt es am Montagabend zu einem Streit zwischen einem Lumpensammler aus Wolbeck und einem in der Gastwirtschaft einquartierten Soldaten. Als der Lumpensammler die Militärperson mit einem Revolver zu erschießen droht, zieht dieser seinen Säbel und schlägt den Angreifer nieder, der kurz darauf an seinen Verletzungen stirbt.
Do 13.08.1914: Auf der von Amtmann Middeler abgehaltenen Versammlung wird die Einrichtung einer Sammelstelle des Roten Kreuzes beschlossen. Freiwillige Gaben, Geld und Nahrungsmittel sind abzugeben bei Dr. Franz Lackmann.
Mo 31.08.1914: In der Schlacht bei Moncel wird der Reservist Franz Brockhausen verwundet.
Di 01.09.1914: Bei der Schlacht von Danneboux wird der Musketier Wilhelm Möllers verwundet.
Mi 02.09.1914: Ernst Theopold teilt mit, dass er kriegsbedingt seinen Nebenbetrieb in Wolbeck vorläufig schließt. Die Bürsten- und Pinselfabrik in Münster produziert weiter.
Mi 02.09.1914: Vor der Strafkammer Münster hat sich heute der Knecht G. wegen schwerer Urkundenfälschung zu verantworten. Er wurde am 6. Mai des Jahres von dem Landwirt F. aufs Feld geschickt. Unterwegs traf er zwei Unbekannte, die ihn verleitet haben sollen, einen Brief an einen Kaufmann zu schreiben, der so abgefasst wurde, als hätte der Landwirt selbst ihn geschrieben. Der Brief enthielt die Aufforderung an H., dem Überbringer 150 Mark zu geben, die F. in einigen Tagen zurückzahlen wollte. Der Angeklagte ging mit diesem Schreiben nach H., der ihm auch das Geld aushändigte, worauf der Angeklagte mit den beiden Unbekannten nach Belgien flüchtete. In der Nacht wurde ihm von seinen Begleitern der größte Teil des Geldes gestohlen. In Lüttich bekam er einen seinen Brief von seinem Vater, der ihn zur Rückkehr nach Deutschland veranlasste, wo er sich der Polizei stellte. Das Gericht erkennt gegen den Angeklagten auf eine Gefängnisstrafe von vier Monaten.
Sa 05.09.1914: In Münster findet eine Sitzung des Kreistages statt. Tagesordnungspunkte sind Fragen der Mobilmachung, Beschaffung von Baracken beim Ausbruch von Epidemien, sowie die Verwendung der Überschüsse der Sparkasse aus dem Jahre 1913.
So 13.09.1914: Bei Laon wird der Vizefeldwebel Bernhard Middeler leicht verwundet.
So 27.09.1914: Die Freiwillige Feuerwehr Wolbeck nimmt am Feuerwehrverbandstag des Kreises Münster teil, der im Gasthof Küpper-Fechtrup abgehalten wird.
So 27.09.1914: Im Schaufenster des Spielwarengeschäftes L. A. Brinckmann am Prinzipalmarkt ist ein großes Gemälde der (ausgefallenen) Kaiserparade ausgestellt, das von Leopold Fernholz (*06.04.1879; +26.09.1958) gefertigt wurde. (Anmerkung: Der Verbleib des Gemäldes ist aktuell nicht bekannt.)
So 04.10.1914: Der Münsterische Anzeiger druckt heute den folgenden Brief von Wilhelm Edelkötter ab:
"Brimont, den 18.9.14
Liebe Mutter! Während der langandauernden Schlacht, die schon 11 Tage anhält und uns schon den 6. Tag in Anspruch nimmt, finde ich jetzt etwas Ruhe, um dir, liebe Mutter, ein paar Zeilen mitzuteilen. Es geht mir noch sehr gut, bin recht gesund und habe bis jetzt alle mit Lust mitmachen können und hoffe, es auch weiter tun zu können. Hoffentlich seid Ihr alle recht gesund. Leider muß ich Dir mitteilen, daß wir die letzte Zeit schwere Stunden verlebt haben. Manch tapferer Soldat hat sein Leben für das Vaterland hingegeben. Darunter ist mancher unserer Kompagnie. Das 1. Bataillon unserer 13er hat hier schwer kämpfen müssen. Unsere Kompagnie, die vierte, ist noch etwa 60 Mann stark, sie hat wohl am meisten ausgestanden. Die Mehrzahl ist verwundet. Unter den Toten befindet sich unser guter Hauptmann A. v. Hülst, der am 14. September den Heldentod starb. Am 15. September haben wir manch liebe Vorgesetzte und Kameraden verloren. Unter den Toten befindet sich dein Sohn Johannes, unser lieber Bruder. Gott hat ihn zu sich gerufen, er starb den Heldentod für euch, für uns, für unser liebes Vaterland. Er starb nicht allein, Hunderte gingen mit ihm in die Ewigkeit. Er hat seine Tapferkeit noch in der Stunde vor seinem Tode bewiesen, in der er unerschrocken in dem Granatenhagel seinen Kameraden voranging. Eine halbe Stunde später wurde er von einer Kugel in den Kopf getroffen und war sofort tot.
Liebe Mutter, laß es Dir nicht so weh tun, weine nicht. An mir ist noch kein Haar gekrümmt. Vertraue auf Gott und hoffe, daß wenigstens ich wieder zurückkomme. Sollte es nicht sein, trauere nicht um mich, denn auch ich lasse gern mein Leben für das Vaterland. Siegen müssen wir, das kostet viel Blut, siegen tun wir, denn wir geben es gern! Bald wird die Entscheidung kommen. Liebe Mutter, also trauere nicht. Tue mir den Gefallen. Nur unter Verlusten können wir siegen. Ergeben können wir uns nicht, denn dann ist es mit uns aus. Sei viel tausendmal gegrüßt. Lebe wohl. Dein Dich liebender Sohn Wilhelm."
(Anmerkung: Dies ist das letzte Lebenszeichen von Wilhelm Edelkötter gemäß Unterlagen des ICRC. Er gilt offiziell als gefallen am 28.10.1914).
Sa 10.10.1914: Wegen heldenhaften Verhaltens bei einem Vorpostengefecht erhält der Unteroffizier der Reserve August Edelkötter als erster Wolbecker das Eiserne Kreuz.
Sa 10.10.1914: Die seit August beim Kaufmann Notarp gesammelten Kriegsliebesgaben werden heute in 150 Pakete verpackt und mit den beiden Autos des Gutsbesitzers Rittmeister Bischof und Dr. Franz Lackmann nach Münster gefahren.
Der Westfälische Merkur bringt die folgende ausführliche Meldung: "Die beim Ausbruch des völkermordenden Krieges unter dem Vorsitz des Amtmanns Middeler errichtete Sammelstelle Wolbeck hat bereits reiche Früchte getragen. Nach dem Vorschlage des Herrn Amtmanns Middeler wurde von einer allgemeinen Sammlung innerhalb der Gemeinden Abstand genommen. Nur eine Kirchenkollekte sowie eine Sammlung in der jüdischen Synagogengemeinde wurden abgehalten. Die Gemeinden Stadt und Kirchspiel Wolbeck sowie Angelmodde legten zunächst durch eine Spende neben einer namhaften Summe, welche zum Besten des Roten Kreuzes, Sammelstelle Münster-Land, gezeichnet wurde, den Grundstock zu dem schönen Liebeswerk. Früchte aller Art, Milch, Eier, Fleischwaren, Gemüse usw. wurden dankbar angenommen und durch das Komitee des Ortsvereins Münster der Kriegsküche Münster bezw. Sammelstelle des Roten Kreuzes überwiesen."
Finanzielle Spenden werden wie folgt geleistet: Kriegerverein 1000 Mark, Gesellschaft Erholung 100 Mark, MGV "Eintracht" 50 Mark, St.-Nikolai-Bruderschaft 150 Mark. Die Sammlungen der St.-Achatii-Bruderschaft (in der Zeitungsmeldung als "Agatia-Bruderschaft" bezeichnet) und der Marianischen Kongregation sind zum Zeitpunkt des Berichtes noch nicht abgeschlossen.
Mi 21.10.1914: Der Referendar Arthur Grote, Sohn des ehemaligen Halterner Bürgermeisters, Leutnant der Reserve und Kompagnieführer im Infanterie-Regiment 155 erhält an der Westfront durch sein tapferes Verhalten vor dem Feinde das Eiserne Kreuz 2. Klasse.
Mo 26.10.1914: Der Oberbürgermeister Timm aus Königsberg bedankt sich beim Amtmann Middeler für die Spende von 550 Mark für die Kriegsnotleidenden.
Di 27.10.1914: Die Witwe Edelkötter erhält Nachricht von ihren drei Söhnen, die in den Krieg gezogen sind: Ein Sohn ist gefallen, die beiden anderen erhielten das Eiserne Kreuz, einer der beiden zudem die Beförderung zum Feldwebelleutnant.
Di 27.10.1914: Simon Hoffmann stirbt nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren. Er war dreißig Jahre lang Vorsteher der Synagogengemeinde zu Wolbeck.
Do 29.10.1914: Der Oberjäger Fritz Dinter, Sohn des Königlichen Hegemeisters Dinter, wird wegen tapferen Verhaltens vor dem Feinde mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet.
Do 05.11.1914: Heinrich Möllers und Joseph Schmitz werden als leicht verletzt gemeldet.
Fr 06.11.1914: Die Gemeindevertretung der Stadt Wolbeck beschließt einstimmig, alle im Felde befindlichen Krieger und die noch in Zukunft ausrückenden bei der Landesversicherungsanstalt Westfalen zu versichern.
Do 12.11.1914: Johann Müller wird als vermisst und Heinrich Möllers als verwundet gemeldet.
Sa 14.11.1914: Der Assistenzart Dr. med. August Middeler, Sohn des Amtmanns Middeler, erhält das Eiserne Kreuz 2. Klasse.
So 15.11.1914: Nach mehreren Nächten mit strengem Frost fällt heute der erste Schnee.
Do 19.11.1914: Unteroffizier Jos. Th. Langenströer wird als leicht verletzt gemeldet.
Do 19.11.1914: Die Schulamtsbewerberin Fräulein Runtenberg aus Wolbeck wird in Bevergern als Lehrerin an der katholischen Volksschule in ihr Amt eingeführt.
Mi 02.12.1914: Der Oberleutnant Schumacher der Etappen-Fuhrpark-Kolonne 124 bedankt sich beim Amtmann Middeler für die Einquartierung am Tage des Ausmarsches.
So 06.12.1914: Der Landwirtschaftliche Lokalverein des Amtes Wolbeck hält unter der Leitung des Gutsbesitzers Schenking aus Hiltrup bei Sültemeyer eine gut besuchte Versammlung ab. Der Direktor der Landwirtschaftsschule in Münster, Tillmann, hält einen Vortrag über die Winterfütterung der Haustiere unter besonderer Berücksichtigung der kriegsbedingten Verhältnisse.
Im weiteren Verlauf der Sitzung empfiehlt der Vorsitzende, die Kriegsgefangenen vorrangig für der Kultivierung des Heidelandes heranzuziehen.
Mo 07.12.1914: Bernhard Borghoff ist in den Schlachten an der Aisne gefallen. Das Todesdatum wird mit 08.10.-08.11.1914 nicht genauer bezeichnet, spätere Quellen (ICRC) nennen den 05.12.1914.
Unteroffizier Alb. Aug. Edelkötter ist schwer verwundet worden.
Do 17.12.1914: Auf der Mitgliederversammlung des Landwirtschaftlichen Kreisvereins gehen die folgenden Gesindeprämien nach Wolbeck:
- Theresia Pomberg aus Clarholz für 8,5 Dienstjahre beim Landwirt Friedrich Ribbe: 15 Mark
- Maria Strathmann aus Wolbeck für 7,5 Dienstjahre beim Landwirt Heinrich Homann: 15 Mark
- Ackerknecht Heinrich Wortmann für 11,5 Dienstjahre beim Landwirt Josef Merten: 18 Mark
So 20.12.1914: Johann Niehues wird als leicht und Alex Weinberg als schwer verwundet gemeldet.
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