Stadt und Kirchspiel Wolbeck
Die Chronik

Wolbecker Chronik für das Jahr 1911


<< 1910
Mo 27.02.1911: Der Regierungspräsident erteilt dem Polizeiexekutivbeamten des Amtes Wolbeck die Erlaubnis, die Amtsbezeichnung "Polizeisergeant" zu führen.
Sa 18.03.1911: Mühlenbesitzer Schwegmann erklärt sich bereit, ein Elektrizitätswerk zu errichten und zu betreiben. Aktuell haben sich bereits sechzig Abnehmer angemeldet. Man hofft, die Anlage im Herbst in Betrieb nehmen zu können.
Di 21.03.1911: Beim Gastwirt Clemens Thier wir das folgende Nutzholz aus dem Tiergarten verkauft: 49 Buchen, 5 Hainbuchen, 35 Eschen, 3 Ahorn, 1 Kirschbaum, 1 Espe sowie 197 Fichten.
 23.03.1911(?): Die Freiwillige Feuerwehr Wolbeck bestätigt auf ihrer Generalversammlung den bisherigen Vorstand für weitere drei Jahre im Amt. Es werden drei Mitglieder aufgenommen und vereidigt.
Fr 24.03.1911: Am Morgen entgleist zwischen Münster und Wolbeck ein Güterzug der WLE und stürzt die Böschung hinab. Personen werden nicht verletzt.
Mo 03.04.1911: Beim Gutsbesitzer Theodor Weddehage im Kirchspiel Wolbeck werden wegen Wegzugs alle Tiere sowie das gesamte Inventar verkauft.
Di 11.04.1911: Im Münsterland grassiert der Lungenwurm bei dem Rehwild. So sind im Wolbecker Tiergarten in diesem Winter acht Tiere an dieser Krankheit verendet.
Sa 22.04.1911: Im Gasthof Thier findet die Kontrollversammlung der Mannschaften aller Waffen aus Wolbeck, Alverskirchen und Angelmodde statt.
So 30.04.1911: In der Gastwirtschaft Rehbaum in Albersloh findet die Generalversammlung der Ortskrankenkasse Wolbeck statt.
Mi 10.05.1911: Im Saalbau Fels in Albersloh findet die Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Lokalvereins des Amtes Wolbeck statt.
So 28.05.1911: Beim 3. Preisfliegen der Münsterländer Brieftaubenreisevereinigung ab Gardelegen gehen die folgenden Preise nach Wolbeck:
2. Platz: Spitthöver
30. Platz: Haves
31. und 47. Platz: Lasthaus
So 04.06.1911: Die 51jährige Anna Haves wird tot in einem Brunnen gefunden.
Do 15.06.1911: Der Gastwirt Max Lasthaus stirbt nach langer Krankheit im Alter von 43 Jahren.
Do 15.06.1911: Der Vorstand des Landwirtschaftlichen Lokalvereins Wolbeck beschließt, die in Albersloh stattfindende Tierschau wegen der im Landkreis grassierenden Maul- und Klauenseuche auf Pferde zu beschränken. Bereits zuvor war die Tierschau zeitlich und örtlich mehrfach verlegt worden.
Die Ergebnisse aus Wolbecker Sicht:
Gedeckte Stuten: 6. Thiemann
Zweijährige Fohlen: 1a. Böcker, 2a. Möllenbeck, 5. Laumann
So 02.07.1911: Vor dem Amtsgericht Münster wird das Gut Nünning im Auftrag der Erben freiwillig verkauft. Das Besitztum ist 400 Morgen groß, weist einen reichen Waldbestand auf und ist frei von Abgaben oder Lasten. Ewald Bischof aus Wolbeck bietet 320.200 Mark, wird jedoch vom Münsteraner Pfarrer Ullrich deutlich überboten, der das Gut erwirbt.
So 16.07.1911: In Wolbeck wird das Margarethenfest gefeiert, am Folgetag ist Kram- und Viehmarkt.
Mi 19.07.1911 Das Tierschaufest des Landwirtschaftlichen Kreisvereins Münster findet in den Räumen und Anlagen der Wirtschaft Soetkamp in Hiltrup statt. Wegen der Maul- und Klauenseuche beschränkt sich die Ausstellung auf achtzig Pferde, die um 12:30 Uhr prämiert werden. Auf ein gemeinsames Essen folgt am Nachmittag ein Gartenkonzert der Artilleriekapelle und am Abend ein Ball.
Die Ergebnisse der Tierschau aus Wolbecker Sicht:
Stuten mit Fohlen: 2. Klemens Böcker, 40 Mark
Gedeckte Stuten: 5. Ewald Bischoff, 15 Mark
Einjährige Fohlen: 1. Böcker, 15 Mark
Zweijährige Fohlen: 1. Ewald Bischoff, 18 Mark; 4. Böcker, 10 Mark
Hengste über drei Jahre: 1. Ewald Bischoff, 18 Mark
2. Preis des Landwirtschaftlichen Kreisvereins für Stuten mit drei direkten Nachkommen: Clemens Böcker, 40 Mark
Mo 31.07.1911: Die seit einer Woche herrschende Hitzewelle hält auch im August weiter an. Die Tageshöchsttemperaturen liegen bei 35 Grad Celsius, nachts fällt das Thermometer nicht mehr unter 25 Grad.
Fr 08.09.1911: In Wolbeck steht das Geschäftshaus Markhoff zum Verkauf.
Sa 09.09.1911: Die Kartoffelernte hat begonnen und fällt trotz der Dürre über Erwarten gut aus.
Fr 15.09.1911: Unter dem Schweinebestand des Tagelöhners Ferdinand Heimann (Wigbold 136) ist die Rotlaufseuche ausgebrochen.
Mi 11.10.1911: Der Polizeihund "Ellen" des Landkreises Münster wurde im Beisein des Landrats Graf von Westphalen unter Leitung des Fußgendarmen Wachtmeister Ratz vorgeführt.
Mo 16.10.1911: Auf Grund eines Unfalls übergibt Siegfried Heilbronn die Leitung der Viehhandlung vorläufig an seinen Bruder ab.
So 29.10.1911: Der Landwirtschaftliche Lokalverein hält bei Lasthaus eine Wanderversammlung ab.
Do 02.11.1911: In Wolbeck wird das Elektrizitätswerk in Betrieb genommen. Der "Münsterische Anzeiger" schreibt dazu am 16. November: "Wer Wolbeck früher kannte und jetzt durchwandert, findet, daß ein Emporstreben der Gemeinde sich überall dartut. Schöne kleine Häuser und prächtige Paläste, die solchen großer Städte nichts nachgeben, sind in den letzten Jahren entstanden. Das Landschaftsbild hat an malerischer Schönheit gewonnen und, abgesehen von manchen, vielleicht kleineren Entgleisungen, haben sich die neueren Bauten der landschaftlichen wie der baulichen Umgebung in harmonischer Weise angepasst.
Als neuerer Fortschritt ist es zu begrüßen, daß Wolbeck dank der Tätigkeit seines Amtmanns und des regen Interesses seiten der Eingesessenen eine elektrische Lichtzentrale erhalten hat. Nach eingehenden Vorberatungen und eingezogenen Erkundigungen wurden mit der Anlage die Siemens-Schuckert-Werke betraut. Am 15. Juli begann man mit den vorbereitenden Arbeiten. In der Zentrale der Schwegmannschen Mühle hat eine Dampfmaschine Aufstellung gefunden, die eine Dynamomaschine treibt. An diese sind die Akkumulatoren angeschlossen, die von Hagen her erworben sind.
Die Kilowattstunde wird mit 50 Pfg. bezahlt und zwar erhält davon der Mühlenbesitzer Schwegmann 15 Pfg. für die Lieferung der Kraft zur Stromerzeugung, die 35 Pfg. gehören der Gemeinde zur Abtragung der entstandenen Kosten und zur Instandhaltung der Anlage.
Die Zuleitung von der Zentrale zur Ableitungsstelle zu den Häusern ist teils unter-, teils oberirdisch, die Zuleitung zu den Häusern ist, abgesehen von verschwindend wenig Ausnahmen, oberirdisch. Es ist eine Gleichstromanlage mit einer Stromspannung von 220 Volt. Die Straßenbeleuchtung findet schon teilweise durch elektrische Lampen, wenigstens auf der Hauptstraße, statt, bis dann so nach und nach die alten Petroleumlampen, die einstige Ortsbeleuchtung, ihrem nicht zu überwindenden Konkurrenten Platz machen.
Am 2. November wurde die Anlage zum ersten Male in Betrieb gesetzt. Die Ortsbeleuchtung wird durch eine Uhr in der Zentrale geregelt, die auf automatischem Wege je nach der Zeitstellung der Zeiger ein- und ausschaltet. Für das Amt, die Kirche, das Krankenhaus wurde die Anlage des elektrischen Lichtes von den maßgebenden Körperschaften genehmigt. Besonderer Erwähnung verdient, daß das Kuratorium des hiesigen katholischen Krankenhauses die Anlage eines Röntgen-Apparates für zweckmäßig erachtet hat. Der Apparat hat einen Verbrauch von 30 Ampere. Wenn man die teilweisen Erfolge auf dem Gebiete der Radiodiagnostik, der Radiotherapie, die nicht zu unterschätzende Unterstützung durch die Röntgenstrahlen für den untersuchenden Arzt kennt, so ist es gut zu verstehen, wenn für ein mittleres Krankenhaus ein Röntgen-Apparat seine Aufstellung findet.
Was die Beleuchtungsanlage in den Häusern angeht, so ist es besonders hervorzuheben, daß es unser Ort nicht nötig hat, fremde Installateure herbeizuziehen. Und es ist ein schönes Zeichen vom Zusammenhalten der Eingesessenen, daß man den Fremden keinen Vorzug gibt, wie es an manchen anderen Orten geschieht. Es werden gegen 100 Lichtanschlüsse angelegt, rechnet man dazu die Motoranschlüsse, so hat Wolbeck jetzt mit einem rentablen Unternehmen begonnen und seinem fortschrittlichen Geist dadurch alle Ehre gemacht."
Do 30.11.1911: Der Landwirtschaftliche Lokalverein feiert bei Thier sein Winterfest.
So 10.12.1911: Sonntag Nacht stirbt in Albersloh infolge eines Schlaganfalls der frühere Pfarrer von Wolbeck, Homann, im Alter von 75 Jahren. Er wurde 1862 zum Priester geweiht, erhielt eine Anstellung als Vikar in Amelsbüren und wurde 1886 zum Pfarrer in Wolbeck ernannt.
Fr 15.12.1911: Die Volksbücherei Wolbeck schließt das Berichtsjahr 1911/12 mit dem folgenden Ergebnis: Der Bestand beträgt 500 Bücher, dabei wurden 50 Bände neu angeschafft. Man zählt 70 Mitglieder, wovon 15 in diesem Jahr beigetreten sind. Die Ausgabe der Bücher fand alle 14 Tage statt und es wurden dabei 798 Bände ausgeliehen. Die entstehenden Unkosten wurden durch Schenkungen und Mitgliederbeiträge gedeckt.
1912 >>  Indexseite