Stadt und Kirchspiel Wolbeck
Die Chronik

Wolbecker Chronik für das Jahr 1868


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Info: Die Chronik des Jahres 1868 basiert auf der Tageszeitung "Westfälischer Merkur". Die Zeitung erscheint täglich mit einem Umfang von vier bis acht Seiten, manchmal mit einer zusätzlichen zweiseitigen Abendausgabe. Der Jahrgang ist fast vollständig erhalten, auch wenn einzelne Ausgaben schwer beschädigt und oft nur noch zur Hälfte lesbar sind.
Als zweite Quelle wird das Amtsblatt der Königlichen Regierung verwendet, das vollständig und unbeschadet die Zeit überdauert hat.
Alle Wetterdaten werden damals in heute nicht mehr gebräuchlichen Maßeinheiten angegeben und für diese Chronik jeweils umgerechnet: Die Temperatur wird in Reaumur gemessen, der Barometerstand in Zoll und Linien sowie die Niederschlagsmenge in Kubikzoll pro Quadratfuß.
Das Jahr 1868 spielt zwei Jahre nach dem letzten Krieg (Österreich/Preußen) und zwei Jahre vor dem nächsten Krieg (Frankreich/Preußen). Insgesamt ist das Jahr im Münsterland durch extreme Wetterlagen gekennzeichnet, was sich auch in den vielen erhaltenen Meldungen dieser Art widerspiegelt.
Sa 04.01.1868: In der Grundsteuerrolle werden Stadt und Kirchspiel Wolbeck dem Empfangsbezirk Mauritz zugeordnet. Für die Stadt Wolbeck beträgt die Grundsteuer rund 778 Taler, für das Kirchspiel Wolbeck rund 147 Taler. Ein paar Vergleichszahlen: Albersloh 2518 Taler, Angelmodde 341 Taler, Alverskirchen 1272 Taler, Rinkerode 1709 Taler und Münster 72(!) Taler.
Fr 10.01.1868: Auf Grund der Witterung werden am Tag Nebensonnen und am Abend Nebenmonde beobachtet.
Di 14.01.1868: Im Schutzbezirk Wolbecker Tiergarten verkauft der königliche Oberförster 100 Stück schweres Eichenholz mit 7400 Kubikfuß, 50 Stück Rot- und Weißbuchen mit 1100 Kubikfuß, 80 Klafter Eichen- und Buchenholz sowie 100 Haufen Eichen- und Buchenreiserholz.
Fr 17.01.1868: Die Tagestemperaturen überschreiten erstmals die 10-Grad-Marke.
Sa 01.02.1868: Ein dreitägiger Sturm bricht armdicke Äste ab und weht Ziegel von den Dächern.
Di 04.02.1868: Die Haselnüsse blühen.
So 09.02.1868: Nestbau der Elstern.
Di 11.02.1868: Die Stare sind zurückgekehrt und beginnen mit dem Nestbau.
Mi 19.02.1868: Gegen den Wolbecker Bernhard Thiemann wird vor dem Kreisgericht Hamm das Strafverfahren wegen Schwarzfahrens mit der Eisenbahn eröffnet. Der Angeklagte wird zu einer Geldbuße von 5 Talern, im Falle von Vermögenslosigkeit zu einer Gefängnisstrafe von drei Tagen verurteilt.
Sa 29.02.1868: Die Krokusse blühen.
Di 03.03.1868: Drosseln, Buchfinken, Grasmücken und Meisen singen.
Fr 06.03.1868: Nach Tagestemperaturen um 15 Grad kommt es zum ersten Gewitter des Jahres.
Mo 09.03.1868: Heute beginnt im Schutzbezirk Wolbeck ein zweitägiger Holzverkauf. Angeboten werden 80 Stück Eichenholz mit 4300 Kubikfuß, 54 Stück Buchenholz mit 1600 Kubikfuß, 27 Stück Birkenholz mit 320 Kubikfuß, 50 Stück Erlenholz mit 1100 Kubikfuß, 34 Klafter Eichenscheite, 90 Klafter Buchenscheite, 56 Klafter Birkenscheite sowie 150 Klafter Reiserholz.
Fr 27.03.1868: Der Rentmeister Schnütgen ruft zur Anmeldung von Rindern und Fohlen für die 90 Morgen große Menkenweide beim Förster Lütteken auf Haus Dahl in Wolbeck auf.
Di 31.03.1868: Roggen und Raps treiben aus.
Di 28.04.1868: An der neuen Chaussee von Wolbeck über Alverskirchen zur Grenze nach Everswinkel sind die Erdarbeiten begonnen worden.
Di 05.05.1868: Nach ergiebiger Blüte wird bei Äpfeln, Birnen und Pflaumen eine reichliche Ernte erwartet. Die Kartoffeln müssen bereits angehäufelt werden.
Fr 08.05.1868: Roggen und Weizen entfalten die Ähren.
Sa 09.05.1868: Heute und am Folgetag fällt bei Nachttemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt Schnee.
Mi 20.05.1868: Die Mittagstemperaturen erreichen erstmals 30 Grad, an fast allen anderen Tagen des Monats Mai liegen sie bei durchschnittlich 25 Grad.
Do 21.05.1868: Beim Wirt Joseph Lasthaus zu Wolbeck werden die folgenden Dinge gestohlen: 30 Taler in Geld, ein Darlehnskassenschein zu 10 Taler, ein Fürstlich Waldeckischer Papiertaler, ein Koupon zu 1 Taler von der Ahausschen Chaussee sowie zwei französische Krontaler.
Sa 23.05.1868: Es werden ungewöhnlich viele Kohlweißlinge beobachtet, zudem tritt der Schmetterling damit einen Monat zu früh auf.
Do 28.05.1868: An der Brücke Hohes Schemm wird in der Werse eine nur halb bekleidete männliche Leiche gefunden.
Mi 03.06.1868: Die Nachttemperatur fällt auf 6 Grad.
Mo 15.06.1868: Das Königliche Kreisgericht gibt den Verlust einer Schuldurkunde über 50 Taler, eintragen zu Gunsten des Rentmeisters Ludwig Zumbusch zu Wolbeck, zu Lasten des Schneidermeisters F. W. Großmeyer zu Wolbeck, bekannt.
Di 23.06.1868: Nach einer Hitzewelle mit Temperaturen über 30 Grad bringen schwere Gewitter erstmals wieder Regen.
Mo 29.06.1868: Im Kirchspiel Wolbeck spielt sich auf dem Hof des Pächters Lohmann eine Gaunerei ab. Ein Knecht trifft auf dem Hof ein und bietet seine Dienste an. Er nennt seinen früheren Dienstherrn in der Loddenheide und möchte noch seinen Koffer vom Wirt Haverkämper abholen.Zu diesem Zweck leiht er sich einen alten Ackerwagen mit zwei Stuten aus und fährt davon. Als der Knecht am Abend noch nicht zurückgekehrt ist, geht der Bauer von einem Unfall aus und macht sich auf den Weg zur Loddenheide, wo er beim angeblichen Dienstherrn erfährt, dass er betrogen worden ist.
Fünf Tage später wird der Ackerknecht Johann Wilhelm Löckner zur Fahndung ausgeschrieben.
Mi 01.07.1868: In Stadt und Landkreis Münster bestätigt sich der Verdacht auf Tollwut. Alle Hunde sind auf Anordnung der Regierung für acht Wochen einzusperren.
Do 02.07.1868: Am Nachmittag ziehen schwere Gewitter auf, die ergiebigen Regen bringen.
Fr 10.07.1868: An der neuen Chaussee von Wolbeck über Alverskirchen nach Everswinkel sind die Erdarbeiten abgeschlossen, die Anfuhr des erforderlichen Steinmaterials hat begonnen.
So 19.07.1868: In Wolbeck wird das Margarethenfest gefeiert, zudem findet bei Caspar Thier eine Feier statt.
Mo 20.07.1868: Heute ist in Wolbeck Markttag.
Fr 07.08.1868: Josef Cortain erhält von der Regierung die Konzession, in Wolbeck eine Apotheke zu eröffnen.
So 16.08.1868: Erneute schwere Gewitter sorgen für mehrere große Brände in St. Mauritz und Handorf. In der Wolbecker Bauerschaft Laer brennt die Wohnung des Pächters Borgmann auf dem Notarpschen Grundstück nieder, obwohl kein Blitzeinschlag beobachtet wird.
Mo 17.08.1868: Die Weinlese ist bereits abgeschlossen, die Weinstöcke treiben jedoch neue Blüten.
Sa 29.08.1868: Die 15wöchige Hitzewelle geht zu Ende, morgens werden Temperaturen unter 10 Grad gemessen.
Mo 14.09.1868: Der Bestand an Hasen ist gering. Stattdessen wird viel Flugwild und auch in recht seltenen Arten beobachtet.
Sa 03.10.1868: Amtmann von Amelunxen stirbt im Alter von 70 Jahren an der Brustwassersucht.
Sa 10.10.1868: Die anhaltende Dürre hat den Sommerfrüchten geschadet. Der Ertrag an Roggen und Weizen ist mittelmäßig, Hafer und Gerste erbrachten weniger als die Hälfte der durchschnittlichen Ernte, Buchweizen ist vollständig ausgefallen. Beim Heu war der erste Schnitt ausgezeichnet, der zweite Schnitt fiel bis auf wenige Wiesen in Niederungen fast vollständig aus. Äpfel und Pflaumen hat es reichlich bei besonders großen Früchten gegeben. Der Stand der Winterfrüchte ist hervorragend.
Sa 10.10.1868: An der Chaussee von Wolbeck nach Alverskirchen wird mit der Steinanfuhr fortgefahren.
Do 22.10.1868: Am Himmel wird ab 21:50 Uhr ein Nordlicht beobachtet, das für eine halbe Stunde sichtbar ist.
Di 03.11.1868: Bei den Geschwistern Lasthaus wird ein Hubertus-Fest gefeiert.
Di 10.11.1868: Das Vieh wird nach den ersten Nachtfrösten aufgestallt, dennoch bleibt es danach bis Ende Dezember frostfrei.
Do 26.11.1868: Bei Caspar Thier wird ein Hubertus-Fest gefeiert.
So 06.12.1868: In der Nacht auf den 7. Dezember tritt ein heftiges Gewitter auf, das bis zum frühen Morgen in einen schweren Orkan übergeht, der zahlreiche Menschenleben fordert. Neben großen Gebäudeschäden wird vor allem der Tiergarten bei Wolbeck vom Unwetter getroffen. Viele Stämme sind durch das Abreißen der Äste verstümmelt, in verschiedenen Höhen abgebrochen oder mit Erdballen entwurzelt worden. Die Oberförsterei Wolbeck spricht von Verwüstungen und beziffert den Verlust an Holzmasse auf insgesamt 60.000 Kubikfuß.
So 27.12.1868: Ein dreitägiger Sturm sorgt für schwere Schäden an Gebäuden und in den Wäldern, der Tiergarten ist erneut betroffen.
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