Stadt und Kirchspiel Wolbeck
Die Chronik

Wolbecker Chronik für das Jahr 1890


<< 1889: 
Sa 04.01.1890: Beim Wirt Elberfeld werden ab 15 Uhr die folgenden Gegenstände öffentlich zwangsversteigert: Zwei Pferde, zwei Kühe, drei Schweine, Tische, ein Sofa, ein Ofen, ein Kleiderschrank, ein Ackerwagen und jede Menge Wein.
Sa 18.01.1890: Auf Grund der grassierenden Grippewelle haben sich die Todeszahlen verdoppelt.
Mo 20.01.1890: Beim Wirt Busse auf der Chaussee nach Albersloh werden ab 10 Uhr sechs hochtragende Schweine aus dem Besitz der Witwe Heimann verkauft.
Mo 20.01.1890: Das Königliche Amtsgericht entmündigt den Ackerer Theodor Stratmann wegen Verschwendung.
Mo 27.01.1890: Im Buchenbusch beim Gut Möllenbeck stehen heute zum Verkauf: 15 gefällte Eichen, 70 Buchenabschnitte, 4 Haufen Eichenholz, 26 Buchenklafter, 4 Birkenklafter und 40 Haufen Stangenholz.
Do 30.01.1890: In der Sektion 79 des Wolbecker Tiergartens werden 535 Raummeter Eichenholz sowie 7700 Reiserwellen verkauft.
Mo 03.02.1890: In dem Gräflich von Merveldtschen Forstrevier in der Nähe des Wirtes Busse werden öffentlich versteigert: 186 Kiefernstämme, 96 Eichenstangen, 51 Fichten, 2025 Kiefernstangen für Einfriedungen, 1370 Kiefernbohnenstangen, 98 Raummeter Birken- und Erlenholz sowie 60 Haufen gemischtes Reiserholz.
Di 04.02.1890: Die beiden in Wolbeck vorhandenen Viehwaagen sorgen für Probleme, weil sie unterschiedliche Gewichte ausweisen. Als ein Schwein auf der Waage des landwirtschaftlichen Ortsvereins beim Gastwirt Roer 382 Pfund wiegt, während es auf der Waage eines Wolbecker Handelsmannes nur auf 370 Pfund kommt, schreitet die Polizeibehörde ein. Nach eingehender Prüfung wird letztere beschlagnahmt und versiegelt, da sie auf 100 Pfund einen Fehler von mindestens 2 Pfund zu wenig ausweist.
Fr 21.02.1890: Bei den Wahlen zum Reichstag ergibt sich für Wolbeck das folgende Ergebnis: Von 327 Wahlberechtigten geben 161 ihre Stimme dem Kandidaten des Zentrums, Clemens Heereman von Zuydwyck. Eine Stimme geht an eine ungenannte Splitterpartei.
Di 25.02.1890: Auf dem Schulzenhof Fronhof stehen heute ab 10 Uhr zum Verkauf: drei kräftige Ackerpferde, neun hochtragende Kühe, fünf jährige Rinder, ein Fasel- und ein fettes Schwein, drei vierzöllige und ein zweizölliger Ackerwagen mit Zubehör, ein halbverdeckter Kutschwagen, Pflüge, Löffelegge, Eggen, Walze, Schlitten, ein großer steinerner Krug, Schiebkarre, Wannemühle, Dezimalwaage mit Gewichten, Waschmaschine, sämtliche Pferdegeschirre, ein Sattel, zwei einspännige Kutschgeschirre, eine Jagdflinte, eine große Partie Dünger, Heu, Stroh und sonstige Ackergeräte.
Do 27.02.1890: Beim Gastwirt Clemens Thier werden 446 Kiefern aus den Wolbecker Forstdistrikten 8d und 9c meistbietend verkauft.
Do 27.02.1890: In Distrikt 79 des Wolbecker Tiergartens werden 297 Eichenhölzer mit insgesamt 362 Festmetern sowie 97 Buchenhölzer mit insgesamt 128 Festmetern verkauft. Der Königliche Oberförster Linnenbrink weist darauf hin, dass die besten Stücke einen Durchmesser von einem Meter aufweisen.
Mo 10.03.1890: Auf der Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Wolbeck in Angelmodde referiert Dr. Potthast über die Frühjahrsbestellung und die damit verbundene Drillkultur zur Ausrottung des Unkrauts. Danach folgt eine Vorführung des Lavalschen Handseparators aus der Firma der Gebrüder Schulz aus Münster. Es werden circa 15 Liter Milch in 18 Minuten entrahmt.
So 16.03.1890: Die Königliche Regierung gibt für den Regierungsbezirk Münster die im Februar erzielten durchschnittlichen Marktpreise bekannt.
Getreide etc. (pro 100 kg):
Weizen 20,01 Mark
Roggen 17,44 Mark
Gerste 16,04 Mark
Hafer 17,79 Mark
Erbsen 25,17 Mark
Bohnen 27,33 Mark
Linsen 39,50 Mark
Kartoffeln 6,30 Mark
Richtstroh 5,59 Mark
Krummstroh 4,91 Mark
Heu 6,73 Mark

Fleisch (pro 1 kg):
Rindfleisch Keule 1,27 Mark
Rindfleisch Bauch 1,19 Mark
Schweinefleisch 1,44 Mark
Hammelfleisch 1,20 Mark
Kalbfleisch 1,18 Mark
Speck 1,61 Mark
Mo 24.03.1890: Für die minderjährigen Kinder des verstorbenen Zimmermanns Clemens Natrup wird das folgende Inventar verkauft: zwei hochtragende Kühe, ein leichter Ackerwagen, eine Wannenmühle, eine Häcksellade, ein zweitüriger eichener Kleiderschrank, ein eicherner Küchenschrank, ein Milchschrank, eine Hausuhr mit Kasten, ein kupferner Kessel, Teigtrog, Ofen, Hobelbank, Pökelfass, zwei Schinken und Speck, rund fünf Malter rote Pflanzkartoffeln, Partie Roggen und Stroh, drei vollständige Betten, sowie sonstige Haus- und Ackergeräte.
Mi 26.03.1890: Beim Wirt Josef Lasthaus werden die folgenden Gegenstände aus einem Nachlass verkauft: zwei Bettladen mit Matratze und Bettwerk, zwei Wolldecken, zwei Kisten, ein Kleiderschrank, ein Sessel, ein Stuhl, eine silberne Taschenuhr mit Kette sowie diverse Herrenbekleidung.
Fr 28.03.1890: Amtmann Middeler findet auf der Chaussee nach Münster einen bewusstlosen Hausierer in einer Blutlache. Der Mann wurde durch einen Messerstich in den Kopf schwer verletzt.
Sa 29.03.1890: Die ersten Schwalben sind zurückgekehrt.
Mo 14.04.1890: Die Mannschaften der Landwehr der Gemeinden Wigbold Wolbeck, Kirchspiel Wolbeck, Alverskirchen und Angelmodde treten um 11 Uhr in Wolbeck am Ausgang der Stadt auf der Chaussee nach Albersloh zum Frühjahrsappell an. Der Herbstappell findet am 12. November statt.
Di 15.04.1890: Auf dem Schulzenhof Fronhof gibt der Verwalter A. Rose bekannt, dass das Ökonomiegebäude auf Abbruch zum Verkauf steht. Das Gebäude ist 29,80 Meter lang und 13,30 Meter breit und besteht aus Steinfachwerk mit Eichenholz.
Do 17.04.1890: Der 32jährige Knecht Bernard Berkenhege wird tot im Kirchspiel aufgefunden.
Do 24.04.1890: Heinrich Freisfeld stürzt durch eine Bodenluke auf die Tenne seines Hauses und erliegt kurze Zeit später seinen schweren inneren Verletzungen.
Di 29.04.1890: Auf dem Schulzenhof Fronhof wird das folgende Inventar verkauft: Tische, Stühle, Öfen, Küchen- und Kleiderschränke, Sekretär, Pult, Betten und Bettladen, Mantelstock, Kochmaschine, Hausuhr mit Kasten, mehrere Koffer, Milchdüppen, Teigtrog, Fässer, Kupferkessel, Waschbecken, Brennholz, fünfzig Hühner sowie weitere Haus- und Küchengeräte.
Do 01.05.1890: Im Falle einer Mobilmachung werden Johann Georg Freisfeld, Franz Josef Bockmann, Bernard Borgmann und Franz Josef Hohenkirch von der Kommission zurückgestellt.
Sa 17.05.1890: Am Samstagabend setzt gegen 18:30 Uhr ein schweres Unwetter ein, das eine Viertelstunde lang Hagelkörner in Taubeneigröße mit sich führt. Auf den Hagel folgt starker Regen und ab 19:30 Uhr mehrere Gewitter.
Di 27.05.1890: Nach Abbruch des großen Ökonomiegebäudes des Fronhofs stehen die folgenden Baumaterialien zum Verkauf: 12000 Dachziegel, 130 Eichenpfosten, 1400 Fuß Riegelholz, 19 Dachbalken, 44 Sparren, 20 Kehlbalken, 6000 Fuß Latten, 19 steinerne Tröge, 4000 Fuß Belegbretter, 46 Stalltüren, 14 Fenster. Es handelt sich grundsätzlich um Eichenholz.
So 01.06.1890: In Wolbeck wird Lehrerin Fräulein Kruse verabschiedet, die sechs Jahre an der Volksschule unterrichtet hatte. Sie übernimmt eine Mädchenklasse in Rinkerode. Ihre Nachfolgerin wird Fräulein Nachtgäller aus Everswinkel.
Mi 04.06.1890: Beim Pächter Johann Hohenkirch auf dem Hofkamp stehen zehn Morgen Klee zum Verkauf.
Mi 25.06.1890: Beim Gasthof Caspar Thier findet die diesjährige Tierschau des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Wolbeck statt. Die folgenden Prämien gehen an Wolbecker Züchter:
Stuten: 4. Overmann, 6. Th. Hohenkirch, 7. J. Hohenkirch
3jährige Fohlen: 1. Brockhausen, 2. Overmann
2jährige Fohlen: 1. Brockhausen
1jährige Fohlen: 2. Möllenbeck
Bullen: 1. Th. Hohenkirch
Kühe: 7. Möllenbeck
Rinder: 2. J. Hohenkirch, 3. Mittendorf
Eber: 3. Möllenbeck
Sauen: 1. J. Hohenkirch, 4. Everding
Mi 02.07.1890: Bei der Tierschau des Landwirtschaftlichen Kreisvereins beim Wirt Hummelt in Sankt Mauritz gehen die folgenden Prämien nach Wolbeck:
Stuten: 6. Joh. Hohenkirch, 7. und 10. Theodor Hohenkirch, 12. Overmann
Einjährige Fohlen: 3. Möllenbeck
Dreijährige Fohlen: 3. Overmann
Hengste: 3. Mittendorf
Rinder: 6. Hohenkirch
Stiere: 2. Hohenkirch
Do 03.07.1890: Heute wird das Grundstück des Maurer Clemens Schwar, gelegen in der Stadt Wolbeck, vom Gerichtsvollzieher zwangsversteigert.
Sa 05.07.1890: Nach wochenlangen Regenfällen ist der heutige Tag etwas wärmer und trocken.
Mi 09.07.1890: Bei der Bezirkstierschau in Beckum erhält Joh. Hohenkirch für seine Stute eine Staatsprämie in Höhe von 50 Mark.
Fr 11.07.1890: Auf dem Fronhof stehen 25 Morgen Roggen und 27 Morgen Weizen zum Verkauf.
So 13.07.1890: In Wolbeck wird das Margarethenfest gefeiert.
Do 17.07.1890: Nach wochenlangem Regenwetter setzt sich ab heute Sommerwetter durch.
Mo 21.07.1890: Auf dem Fronhof stehen 100 Morgen Gras zum Verkauf.
Fr 01.08.1890: Das Gras der Menkenweide steht zum Verkauf.
Di 04.08.1890: Der Metzger Herz Weinberg beantragt die Errichtung einer Schlachterei in der Stadt Wolbeck.
Di 09.09.1890: Auf dem Fronhof stehen 20 Morgen Hafer und 4 Morgen Kartoffeln zum Verkauf.
Mi 24.09.1890: Im Hof einer Gaststätte wird ein früherer Wolbecker, der heute in Gütersloh wohnt, von einem Einheimischen krankenhausreif geprügelt.
Do 25.09.1890: Der Grundbesitz des Stellmachers Wilhelm Wiepen wird zwangsversteigert.
Mo 29.09.1890: Die Königliche Oberförsterei bietet das Stammholz des Wolbecker Tiergartens zur Nutzung durch ein Unternehmen für drei Jahre ab dem 01.10.1890 zum Verkauf an.
Mo 13.10.1890: Obwohl es im Sommer drei Monate lang fast nur geregnet hat, ist die Ernte dennoch durchschnittlich ausgefallen. Dabei sind die Erträge beim Hafer über dem Durchschnitt, während die Kartoffeln besonders unter der Nässe gelitten haben. Die Erträge beim Obst sind dagegen sehr gering. Äpfel hat es praktisch keine gegeben und nur sehr wenige Birnen.
So 19.10.1890: Der Wolbecker Spar- und Darlehnskassenverein gibt seine Bilanz zum 31.12.1889 bekannt. Demnach haben die Aktiva 19244,62 Mark betragen. Der Mitgliederbestand liegt bei 69, nach sieben Zugängen und einem Abgang.
Sa 25.10.1890: Auf dem Kreistag des Landkreises Münster wird der Pächter Thiemann gt. Middendorf zum Schiedsmann für den Bezirk Kirchspiel Wolbeck/Angelmodde gewählt. Sein Stellvertreter wird Schulze Althoff aus Angelmodde.
Do 30.10.1890: Der Landwirtschaftliche Lokalverein kommt im Zollhaus von Albersloh zu einer Wanderversammlung zusammen. Um 14 Uhr wird eine 1 3/4 Meter breite Drillmaschine von Rud. Sack aus Plagwitz vorgeführt. Anschließend sprich Dr. Potthast über Drillkultur.
Fr 07.11.1890: Der Organist Lasthaus engagiert am Abend einen Kleinhändler aus Münster für seine Rückfahrt nach Wolbeck. Eine Viertelstunde vor Wolbeck steigt er aus und weist den Fahrer an, nach Münster zurückzukehren. Nach hundert Metern wird er von zwei Männern überfallen und ausgeraubt, die ihm seine Uhr mit goldener Kette sowie das Portemonnaie mit sechs Mark Inhalt abnehmen.
Zwei Tage später verhaftet die Polizei neben dem Kutscher zwei weitere Männer, die gemeinsame Sache gemacht hatten.
So 23.11.1890: Auf einer Versammlung der Ortskrankenkasse beim Wirt Röer wird für die sieben ausgeschiedenen Vertreter eine Ergänzungswahl vorgenommen. Eine Woche später erfolgt an gleicher Stelle die ordentliche Generalversammlung.
Mo 24.11.1890: Wolkenbruchartige Regenfälle sorgen für erste Überschwemmungen.
Di 25.11.1890: Bei der sogenannten Katharinenflut wird die steinerne Brücke "Hohes Schemm" über die Werse bei Stapelskotten zerstört. In Albersloh steht das Wasser in den Straßen einen halben Meter hoch.
Preußisch ordnungsgemäß gibt der Amtmann Brüning aus Münster am Folgetag öffentlich bekannt, dass die verschwundene Brücke nicht mehr genutzt werden darf und der Abschnitt der Wolbecker Chaussee über die Werse daher gesperrt ist.
Am 28.11. richten Stapelskötter und Kinnebrock einen Fährbetrieb für Personen ein.
Am 06.12. wird eine tiefer gelegene, hölzerne Notbrücke freigegeben, die nur von Fußgängern benutzt werden darf.
Am 08.12. wird der Postverkehr auf der Strecke Münster-Wolbeck wieder aufgenommen.
Am 10.12. gibt die Regierung die Weisung aus, die Fluthöhen an Gebäuden und Brücken durch eiserne Marken mit Angabe des Datums festzuhalten. Es ist zu diesem Zeitpunkt das schwerste Hochwasser des 19. Jahrhunderts, wird aber im folgenden Frühling noch übertroffen.
Am 20.12. wird der Bau einer Notbrücke durch Kreisbaumeister Middeler ausgeschrieben.
(Ausblick 1891: Der Bau der hölzernen Notbrücke, die durch den Bauunternehmer Hartke aus Greven errichtet wird, nimmt längere Zeit in Anspruch. Bei einem außergewöhnlich starken Eisgang im folgenden Winter nach dreimonatigem Dauerfrost wäre sie beinahe wieder zerstört worden, der Chausseewärter Engels hatte jedoch schnell aus der Nachbarschaft Leute herbeigeholt, um die antreibenden Eisschollen zu zerstören.)
Mo 01.12.1890: Die Verwaltung der Lehrerstelle an der Volksschule übernimmt kommissarisch Lehrer Kemper.
Mo 15.12.1890: Der seit knapp drei Wochen herrschende strenge Dauerfrost führt zum Einfrieren der Wasserleitungen.
Di 16.12.1890: Beim Gut Reithaus in der Nähe der Wirtschaft Böckmann stehen 45 teils schwere Eichen zum Verkauf.
Sa 20.12.1890: Amtmann Brüning erteilt dem Fuhrunternehmer Hagenschneider die Erlaubnis, (unter anderem) auf der Strecke Münster-Wolbeck zu besonderen Gelegenheiten Omnibusse zur Personenbeförderung bereitzustellen. Der Fahrpreis hin und zurück wird mit 50 Pfennig festgesetzt.
So 28.12.1890: Die Tagestemperaturen liegen bei -12 Grad Celsius, dazu liegt hoher Schnee.
Mo 29.12.1890: Auf der Wanderversammlung des Landwirtschaftlichen Lokalvereins beim Wirt Fels in Albersloh spricht Generalsekretär Dr. Schleh über das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz.
Di 30.12.1890: Die Werse ist vollständig zugefroren, in Höhe Pleistermühle wird eine Eisdicke von 1,20 Meter festgestellt.
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